Ideenkongress

StadtLand


von der IBA Thüringen

Weltweit gibt es eine Tendenz zur Stadt, sie gilt als Ort von Fortschritt, Vielfalt und Chancen. Dieses Stadtverständnis braucht jedoch ebenso ein neues Verhältnis zum Land. Die These bezieht sich nicht allein auf das Netzwerk der großen und kleinen Städte und dessen Potenziale für Kooperation und Arbeitsteilung, sondern auch auf ein neues Verhältnis von Siedlung zu Freiflächen, von Individuum zu Natur sowie von Gesellschaft zu ihren Sourcen und Ressourcen – auf einen neuen gesellschaftlichen Metabolismus.

Das Kunstwort StadtLand steht hier beispielhaft für die unscharf gewordenen Kategorien von Stadt und Land. Das Verschwinden der klassischen industriellen und bäuerlichen Arbeit und mit ihnen der traditionellen proletarischen und bäuerlichen Milieus, ihrer gesellschaftlichen Strukturen, Institutionen, Kulturen, Riten und Werte sowie die neuen Arbeitswelten und Kommunikationsstrukturen lassen den Alltag in Stadt und Land ähnlich werden. Die Menschen, die heute auf dem Land leben, haben sich längst aus den Bindungen der Jahreszeiten befreit. Heute lebt man auf dem Land global wie in der Stadt, pendelt zur Schule und Arbeit, fährt die gleichen Autos, kauft in denselben Supermärkten oder bestellt und konsumiert online.

Der gewaltige Wandel, der auf dem Land in nur wenigen Generationen stattfand, bleibt jedoch bis heute nahezu unkommentiert. Die Aufhebung des Stadt-Land-Gegensatzes geht mit der Ausbreitung urbaner Lebensstile und ihrer Sozioökonomien bis in periphere ländliche Räume einher. Was folgt, ist im Ergebnis des Kulturwandels ein demografischer Wandel und eine Abwanderung vor allem junger Menschen aus peripheren Regionen. Der in Deutschland geführte ökonomische Diskurs zum Wandel behindert jedoch eine objektive Auseinandersetzung über die vielfältigen Ursachen und negiert die Chancen und Potenziale, die der ländliche Raum aufweist. Die von staatlicher Hand und privater Wirtschaft eingeschlagenen Pfade räumlicher Konzentration schreiben dann an vielen Stellen eine andauernde Verlustgeschichte des ländlich peripheren Raums fort, die sich politisch niederschlägt. Was wir dringend brauchen, sind deshalb neue starke Narrative für die ländliche Provinz, die Überzeugungskraft, gesellschaftliche Bindekräfte und mehr Selbstbewusstsein entfalten können.

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