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Unfertiges als Ressource – Wie können Leerstände alternative Freiräume ermöglichen?

Vom 29. – 30. Juni 2023 fand die TRAFO-Ideenreise #11 in Kooperation mit LAND IN SICHT, einem Knotenpunkt der Initiative Aufwind, statt. Wie können Leerstände alternative Freiräume ermöglichen? Dieser Frage widmen wir uns auf der zweitägigen Reise zu drei selbstverwalteten subkulturellen Orten in Thüringen, die allesamt ehemals leerstehende Gebäude kulturell neu bespielen.

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Unsere erste Station führt uns in den Thüringer Wald nach Lauscha, wo das Kulturkollektiv Goetheschule e.V. seit 2014 eine zuvor leerstehende Schule saniert und als Atelier- und Veranstaltungshaus kulturell wiederbelebt. „Diese kleine Stadt hier ist unglaublich kreativ“, erzählt uns Toni Köhler-Terz, Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Vereins. Zunächst aus der Motivation heraus entstanden, sich mit Ateliers einen eigenen künstlerischen Freiraum zu schaffen, sanierten und renovierten ein Kreis von Aktiven das alte Schulgebäude in Eigenregie, mit finanzieller Unterstützung der Stadt. „Man sollte nicht dagegen arbeiten, sondern einfach mal machen lassen. Irgendwann wirkt es auf die Gemeinschaft zurück.“, resümiert vor Ort der Bürgermeister von Lauscha, Norbert Zitzmann. Das zahlt sich aus, denn mittlerweile finden regelmäßig öffentliche Veranstaltungen statt und die alte Goetheschule ist auch überregional für seine internationale Künstlerresidenz und das Glassymposium bekannt. Getragen wird das Projekt von viel ehrenamtlichen Engagement, allen voran von Toni Köhler-Terz. Sein Ziel ist es nun nach der Corona-Zeit die Goetheschule „als Ort der Gemeinschaft“ wieder sichtbar zu machen.

Im Anschluss besuchen wir den Pößnecker Alternative Freiraum e.V., kurz „PAF“, ein selbstorganisiertes Jugend- und Kulturzentrum das 2011 aus einer zivilgesellschaftlichen Initiative gegen das damals von Neonazis betriebene Schützenhaus entstanden ist. Inzwischen hat sich aus dem unscheinbar am Stadtrand gelegenen ehemaligen Leerstand ein intergenerationaler Zufluchtsort für Menschen aus Pößneck und ein überregional bekannter Veranstaltungsort entwickelt. Der PAF ist Safe Space, kultureller Freiraum und Anlaufstelle für Jugendliche, auch aus schwierigen Verhältnissen, wie uns Martin Rech, Vereinsvorsitzender erzählt. Der Verein engagiert sich zudem in der Demokratiearbeit und vernetzt sich mit Kulturaktiven der Stadt. Der durch bundesweite Auszeichnungen anerkannte Ort arbeitet daran, auch von der Stadt Pößneck selbst als wichtiger Akteur für Jugendliche wahrgenommen zu werden. Erfolgt eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt, wäre eine dringend benötigte Sozialarbeiterstelle in Aussicht. Im Gegensatz zum Kulturkollektiv Goetheschule ist die Zukunft des PAF allerdings ungewiss, denn für die kommende Landesgartenschau 2028 soll das Gebäude abgerissen werden. Christian Horn, Kulturdirektor der Stadt Erfurt, plädiert für eine aktive kulturpolitische Arbeit des Freiraums, um die Stadt von der Notwendigkeit des Ortes zu überzeugen.

Am zweiten Tag statten wir der „Alten Papierfabrik“ in Greiz einen Besuch ab. Auf die Initiative einiger weniger Jugendlicher Anfang des Jahrtausends, die sich die alten Fabrikhallen angeeignet hatten, um Technopartys zu feiern, hat sich hier in tausenden von Arbeitsstunden eine offene Anlaufstelle für Bands, Künstlerinnen und Initiativen entwickelt – ein kreativer Freiraum, der ebenfalls überregional bekannt ist. Mit einer Führung vom professionell ausgestatteten Konzertraum über den Keller bis zum Dach der Fabrik eröffnet Vorstandsvorsitzender Peter Schmidt den Vormittag. Er berichtet von den Anfängen, der vollumfänglich auf Ehrenamt basierenden Organisationsstruktur vor Ort und von den handwerklichen Talenten der Aktiven, die es ermöglichen, dass das Gebäude Schritt für Schritt saniert werden kann. Die „Pappe“, ist wichtig für eine offene Kultur in Greiz, berichtet Steffen Magdeburg von der Wirtschaftsförderung. Daher unterstützt die Stadt im Hinblick auf günstige Pachtbedingungen. Auch Martina Högger vom Landratsamt Greiz betont die zivilgesellschaftliche Bedeutung des Ortes, auch jenseits der eignen Veranstaltungsmauern: „Ohne die Pappe läuft nichts in Greiz“. Die Bedeutung des Ortes für die Stadt und Region zeigt sich nicht zuletzt darin, dass er ein Grund ist, für Menschen wieder zurückzukehren.

Mehr zu den besuchten Orten/Projekten: 

Kulturkollektiv Goetheschule e.V.

Pößnecker Alternative Freiraum e.V.

Alte Papierfabrik Greiz

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